Tabgha und die Sanftheit des Herzens

Später Abend. Regen am Fenster. Wie gut zu hören. 

Heute morgen las eine Frau in Ö1 die Geschichte des reichen Fischfangs. 

Augenblicklich war sie wieder da, diese sanfte Anwesenheit der friedvollen Stille von Tabgha, dem Ort der sieben Quellen im Norden von Galiläa. 

Manchmal hatten wir das Glück, dort am Ufer des Sees, im schlichten Gästehaus der Franziskanerinnen zu übernachten. In diesem Vogelparadies aufzuwachen, über die kleinen Wege, die von Palmen und riesigen Ficusbäumen gesäumt sind, ans Wasser zu gehen, von aufgeregt schnuppernden Klippdachsen beobachtet zu werden und die Sonne über den Golanhöhen aufgehen zu sehen und wenn Zeit bleibt, noch einzutauchen in dieses lichtvoll schimmernde Nass, wie wunderbar und herzerfrischend ...

Hier in Tabgha, am See Genezaret, 200 Meter unterm Meeresspiegel, ist diese letzte Erzählung des Evangeliums von Johannes verortet. Die kleine Petruskirche aus schwarzen Basaltsteinen soll sie lebendig erhalten. 

Tagsüber füllt das Kommen und Gehen unzähliger Pilgergruppen mit ihren zelebrierenden Priestern das Ufer. In allen Sprachen singen und beten sie, fotografieren die großen Herzsteine im Kies und  berühren den Felsen, der an das dreimalige  »ich liebe dich doch!« erinnert. Kaum sind die Tore geschlossen, kehrt wieder die wohltuende Stille ein. 

Aber nochmals zu Johannes und seiner Geschichte hier in Tabgha. 

Er hat sie ganz ans Ende seines Buches gestellt. Dorthin, wo sie nach dem Osterfest  aus Jerusalem zurückgekehrt waren. Jerusalem, der Ort des Schreckens, des leeren Grabes und der  unglaublichen Ereignisse, die ihnen dort widerfuhren, den hatten sie hinter sich gelassen. In sich tragend noch die Botschaft der Frauen, dass sie den Herrn gesehen und ER zu ihnen gesprochen habe. Auch die Begegnungen mit IHM, unter den verängstigten Jüngern am ersten Wochentag und nochmals, acht Tage später, hinter verschlossenen Türen, als Thomas seine Wunden berührt und bekennt: Mein Herr und mein Gott. 

Wie soll es nun weitergehen mit ihnen, dort, in Galiläa, am See, wo sie zu Hause sind und der Alltag wieder beginnt. Was gibt ER ihnen noch mit?

Das Kohlenfeuer, die Fische und die Frage des Liebens. Was hat das mit uns zu tun? 

Elisabeth Schwendinger